Nein, ich verstehe nicht, wie man den Schutzhundesport ausschließlich glorifizieren kann und ich verstehe auch nicht, warum er einseitig – und vor allem polemisch – verteufelt wird.
Kennt man sich mit den Inhalten des Schutzhundesports besser aus – und das tue ich – erkennt man recht schnell, dass es sich dabei um eine Medaille mit zwei Seiten handelt.
Eine ganz einfache Beschreibung: Im Schutzhundesport werden Vierbeiner konditioniert, einen sogenannten „Schutzärmel“ mit Jute-Überzug als begehrenswertes Beuteobjekt zu betrachten.
Daran kann und sollte zunächst niemand Anstoß nehmen können. Quasi eine Beutealternative, die durch Hand und Unterarm des sogenannten „Figuranten“ entsprechend gesteuert wird.
Der Hund lernt nach und nach, diese Beutealternative zu packen, festzuhalten und auf Weisung des Hundeführers auch sofort loszulassen. Hat er losgelassen, soll er entweder durch Bellen die Beute wieder einfordern, oder ruhig verharren und nach konditionierter Impulskontrolle die nächste Aktion des Figuranten bzw. Weisung des Hundeführers abwarten.
Ein solider Grundgehorsam ist für all das selbstverständlich Voraussetzung!
Die häufigste Belohnung des Hundes ist letztlich das „Überlassen der Beute“ durch den Figuranten oder auch eine alternative Belohnung durch den Hundeführer.
Die immer wieder stattfindenden ritualisierten „Kampfhandlungen“ zwischen Figurant und Hund sind dabei durchaus vergleichbar mit sogenannten Zerrspielen, bei denen mal der eine und auch mal der andere als „Sieger“ hervorgeht.
Hunde, die im Schutzhundesport über ausschließliche Beutehandlungen ausgebildet werden; die quasi den Figuranten als „Kumpel“ ansehen, mit dem sie viel Aktionismus und rituell aufgebaute Auseinandersetzungen erleben, haben nicht geringste Ambitionen, außerhalb des Hundeplatzes bzw. im Alltag ein erhöhtes Aggressionspotential aufzuzeigen! Sie neigen damit keinesfalls zu mehr Bissigkeit, zu sozialen Übergriffen auf Menschen oder sonstigen Verhaltensauffälligkeiten.
Das geht schon deshalb nicht, weil im seriösen Schutzhundesport das kompetente Sozialverhalten des Hundes gegenüber Menschen eine hohe Priorität hat und es keinen Nährboden für sozialaggressives Verhalten gibt bzw. geben darf!
Im Gegenteil, man kann einem Hund sogar durch einen soliden Aufbau im Schutzhundesport zu mehr sozialem Selbstbewusstsein und zu einem höheren Selbstwertgefühl verhelfen. Und dies wiederum kann auch im Alltag zu mehr sozialer Stabilität im Umgang mit Menschen verhelfen.
Nicht zu glauben? Jeder, der sich etwas intensiver mit dem Schutzhundesport beschäftigt hat und auch entsprechend Erfahrungen hat, wird dies gelassen mit Kopfnicken quittieren. Weil es einfach stimmt!
Wer mangelndes Wissen – oder auch Halbwissen – hat, wird eher empört behaupten, dass dies nicht sein könne. Ganz einfach deshalb, weil sich solch ein Gedanke seinem Vorstellungsvermögen entzieht und er um die Identität seiner persönlichen Meinung fürchtet.
Methodisch wird der seriöse Schutzhundesport heutzutage maßgeblich über die operante Konditionierung bzw. über positive Verstärkung aufgebaut. Frustrationstoleranz und Impulskontrolle werden auch über erzieherische Maßnahmen abgesichert. An erster Stelle steht neben einem stabilen Grundgehorsam ein stimmiges Belohnungssystem durch das Überlassen des Beuteobjektes. Tierschutzrelevanz? Fehlanzeige!
Was ich soeben dargestellt habe, ist die zweifelsfrei goldene Seite der Medaille. So sollte es nicht sein, so muss es sein, wenn der Schutzhundesport in unserer Gesellschaft eine Überlebenschance haben soll.
Doch noch immer gibt es auch die „schmutzige“ Seite der Medaille. Die schwarzen Schafe quasi, die den Schutzhundesport als Aushängeschild für teilweise pervertierte und tierschutzwidrige Aggressionsförderung nutzen.
Da werden in der Tat Hunde zu sozialaggressiven und gefährlichen Vierbeinern konditioniert. Der Figurant ist dann nicht mehr der „Kumpel“, mit dem man sich spielerisch um die Beute streitet. Stattdessen ist der Figurant ein sozial gefährlich wahrgenommener Gegner, den der Hund aggressiv attackieren muss, damit er selbst keinen Schaden erleidet.
Es geht nicht mehr alleine um das Beuteobjekt; es geht um die Förderung der sozialen Aggression, die in solchen Kreisen noch immer laienhaft als „Wehrtriebförderung“ dargestellt wird. Dass es keinen „Wehrtrieb“ gibt, interessiert solche Leute überhaupt nicht. Aggression und Wehrhaftigkeit haben überhaupt nichts mit „Trieben“ zu tun, weil es kein grundlegendes oder genetisch vorgegebenes Bedürfnis oder gar Lust im Hund gibt, Menschen gegenüber aggressiv zu sein.
Der Hund soll dabei nicht so sehr auf die Beute achten; er soll lernen, den ihm begegnenden Figurant mit sozialer Aggression entgegenzutreten.
Und nochmals: Das alles hat nicht im entferntesten etwas mit Schutzhundesport zu tun, sondern geschieht lediglich unter diesem namentlichen Deckmantel.
Was in Kreisen der schwarzen Schafe als „Wehrtrieb“ dargestellt wird kann und darf ausschließlich den diensthundehaltenden Behörden bei der Ausbildung von Schutzhunden – und das hat nichts mit Sport zu tun – vorbehalten bleiben.
Die moderne Polizeihundeausbildung beinhaltet richtigerweise die gezielte und kontrollierbare(!) Förderung sozialaggressiver Verhaltensweisen. Eine derartige Ausbildung wiederum hat im Schutzhundesport nichts zu suchen!
Die schwarzen Schafe kümmern sich auch nicht um das Tierschutzgesetz. Methodisch setzen sie auf Brutalität und Kompromisslosigkeit. Sie fügen Hunden bewusst Schmerzen zu und nehmen tierschutzrelevantes Leiden einfach in Kauf. Nicht nur im Schutzdienst, auch in der Unterordnung und in der Fährtenarbeit.
Klar ist, dass soziale Aggressionsförderung im Schutzdienst das Gefährlichkeitspotential von Hunden erhöht! Und das auch im Alltag.
Und unter anderem deshalb differenzieren die Gegner des Schutzhundesports überhaupt nicht mehr, sondern zeichnen sich mit pauschalen Rundumschlägen aus, obwohl die Realität belegt, dass nicht der Schutzhundesport das Übel ist, sondern der missbräuchlich verwendete Begriff einiger Idioten (sorry, aber das musste raus!).
Die beiden sehr unterschiedlichen Seiten der von mir aufgezeigten Medaille verbieten es ganz einfach, mit polemischen und reißerischen Äußerungen den Schutzhundesport in der Öffentlichkeit einseitig und undifferenziert schlecht zu reden! Das ist einfach nicht fair und geht an realen Gegebenheiten vorbei.
Es ist erschreckend, wenn sich Menschen über Dinge äußern, von denen sie offensichtlich nichts oder eben wenig verstehen.
Der SERIÖSE Schutzhundesport hat nach wie vor einen berechtigten Platz in unserer Gesellschaft, denn er hat keinerlei aggressionsfördernden Inhalte, die sich auf das Sozialverhalten des Hundes gegenüber Menschen negativ auswirken können.
Stattdessen kann diese Sportart bzw. diese eine Seite der Medaille ein lebensbereicherndes und nebenwirkungsfreies Element für Mensch und Hund darstellen. Wie viele andere Hundesportarten eben auch.
Januar 2023, Thomas Baumann
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